Vereinsgeschichte

Wie alles begann

Anfang der 50er Jahre wurde der Karneval in Seppenrade groß und in der Umgebung bekannt. Es bestanden verschiedene, aber nur kleinere musikalische Gruppierungen, zu denen auch die Dorfschwalben zählten, die im nachfolgenden Artikel eingehender beschrieben werden. Bekannt ist, dass sie erstmals um 1948 bei einer Bauernhochzeit aufspielten. Anschließend ging der Hut herum mit dem Erfolg, dass – kurz nach der Währungsreform – jeder mehr als das „Starterkitt I“, die berühmten 40 DM Startkapital, als Entlohnung mitnehmen konnte. Das motivierte natürlich zu weiteren Auftritten auf anderen Festivitäten. Aus Anlass des 60. Geburtstages von Josef Sebbel gen. Prumann-Seltermann – gegen 1961 – hat dann ein junger Architekt mit einem Flügelhorn solistisch aufgespielt, der als viertes Mitglied der Dorfschwalben auftrat. Weil zu jener Zeit außer dem Spielmannszug keine weiteren Instrumentalgruppen in Seppenrade existierten und die musikalischen Darbietungen großen Anklang fanden, regte der Senior Entrup als Hegeringsleiter ihn an, ein Jagdhornbläsercorps zu gründen. So kam es, dass Gustav Havermeier in kurzer Zeit etwa 14 Jugendliche fand, die Jagdhorn blasen wollten. In der „Timmerkammer“ auf dem Hof Alfons Holz fanden die ersten Übungsstunden statt. Da Havermeier über ein gutes musikalisches Gehör verfügte und schnell die Talente seiner Eleven einschätzen konnte, waren die Rollen für die einzelnen Stimmlagen schnell und treffsicher zugeteilt. Unter Beweis gestellt wurde diese Leistung mit der Teilnahme bei einem Kreiswettbewerb in Cappenberg nur 8 Wochen nach der Gründung, bei dem der Hegering als Sieger hervorging. Dies führte dann zum Eklat und heftigen Protesten wegen des jugendlichen Alters der Teilnehmer. Bis dahin hatte offensichtlich noch keine Jugendgruppe an einem Wettstreit teilgenommen. Mit dem Sieg hatte sich der Hegering – allerdings außer Konkurrenz – für einen Beitrag auf dem Landeswettbewerb qualifiziert.

Die Seppenrader Dorfmusikanten

Der Spaß an der Musik, der Gemeinschaft bei den Übungsstunden, die sich auch in privater Hausmusik weiter fortsetzte, hatte zu häufigen Auftritten außerhalb jagdlicher Blasveranstaltungen geführt. Auf kirchlichen Anlässen wie beim Osterfeuer, Fronleichnam, Weihnachten oder anderen Anlässen wurde gern gespielt. Auch das Blasen vom Kirchturm aus, an Silvester, war eine fast schon traditionelle Angelegenheit. Neben diesen Aktivitäten und sonstigen musikalisch improvisierten Festlichkeiten, bei denen das Musikinstrument immer als Eintrittskarte diente, war eine Erweiterung jetzt unvermeidlich; der Sog war da: Neue Mitglieder, häufig mit musikalischer Grundlage wie beispielsweise Gerd Oheim, kamen dazu und der Grundstein für ein dörflich geprägtes Blasorchester war gelegt. Im Laufe des Jahres 1962 formierte sich das Orchester endgültig und gab sich auf dem Silvesterfest den Namen „Seppenrader Dorfmusikanten“. Die Grundstimmung wurde weiterhin von dem puren Spaß an der Musik bestimmt. Die Gemeinschaft war durch etliche, auch außermusikalische Aktivitäten geprägt, die die Dorfmusikanten zusammenschweißten. Die in dieser Zeit erlebten Episoden können in ihrer umfänglichen Gänze gar nicht aufgezählt werden. Fest steht jedoch, dass die Dorfmusikanten in ihrem jugendlichen Eifer etliche „Dönekes“ erlebt haben. Die wöchentlichen Proben fanden im Hause Nienhaus statt und dies dauerte annähernd 30 Jahre lang. Zu den Jahreshauptversammlungen bei Mutter Siepe war es damals üblich, dass jeder Dorfmusikant eine Passage vorspielte, damit der jeweilige Ausbildungsstand des Bläsers verfolgt werden konnte.

Aufgespielt hat man früher ohne Gage, in der Regel war ein zünftiges Bier und ein kleiner „Ohnmachtshappen“ Entgelt genug. Auftritte im Heimatverein beispielsweise waren immer Ehrensache. Dieser Umstand hat immer schon die knappe Kassenlage der Dorfmusikanten geprägt. Heute allerdings müssen die Dorfmusikanten sich durch Spenden entschädigen lassen, damit das Notwendigste an Aufwand bestritten werden kann. Viele Feste fanden auf dem Gut Katenberg statt und wurden auch entsprechend gefeiert. Das Jagdhorn-Bläsercorps bestand zunächst etwa 3 bis 4 Jahre weiter, während einige davon bei den Dorfmusikanten zusätzlich mitspielten. Das Bläsercorps löste sich dann auf, weil vielen Jugendlichen durch Studium und anderen Verpflichtungen die Zeit fehlte.

Während dadurch die Verbindung zum Jagdlichen im Laufe der Zeit zwar abbrach, blieb die Nähe zu der anderen „Waffenseite“ erhalten: die dörflichen Schützenfeste sind auch heute für die Dorfmusikanten nicht nur musikalische Verpflichtung. Dies hat sich zeitweise auch in der aktiven Mitarbeit gezeigt. Eine Begebenheit, die seinerzeit zum Schmunzeln anregt, soll nicht vorenthalten werden: Auf dem Schützenfest in Seppenrade, etwa im Jahr 1965, bot Hildegard Entrup dem schon gut „in Stimmung“ befindlichen Schützen Tonne Ernst an, ihm als Schützenkönigin zur Seite zu stehen, falls er den Vogel abschösse. Dieser setzte daraufhin alles daran, dieses Ziel zu erreichen. Man kann sich vorstellen, was passierte: quasi gewaltsam wurde der Vogel heruntergeholt. Eine solche Motivation konnte schließlich nur Erfolg haben. Was jedoch nicht im Drehbuch stand: Hildegard war plötzlich spurlos verschwunden. Es hat dann etwas gedauert, bis sie sich wieder so weit gefasst hatte und dann doch noch zu ihrem Wort stand. Heute, als wohlsituierte Oberstudienrätin in Göttingen, denkt sie noch amüsiert daran zurück. Später stellte dann Markus Hellkuhl mit Birgitt Göcke in 1985 ein weiteres Schützenkönigspaar. Seitdem war kein(e) Dorfmusikant(in) mehr in der Königsgarde vertreten, obwohl schon seit Jahren eine Unterstützung durch den Schatzmeister der Dorfmusikanten ausgelobt wird. Ein enger Kontakt bestand jedoch immer mit dem SpielmannszugKlingendes Spiel e.V. Seppenrade“, mit dem man immer wieder zusammen aufgetreten ist. Auch heute noch harmonieren beide gut und ergänzen sich gegenseitig bei Schützenfesten und Umzügen. Dies ist soweit die Entstehungsgeschichte der Dorfmusikanten, wie sie durch Recherchen herauszubekommen war. Sofern Namen und interessante Begebenheiten unerwähnt blieben, freut sich der Vorstand über eine Vervollständigung der Chronik.

Dorfschwalben

Nach den entbehrungsreichen Jahren des 2. Weltkrieges, in denen Menschen insbesondere die Tanzveranstaltungen, musikalische Darbietungen und Feste vermisst hatten, machte sich auch in unserem Dorf ein Nachholbedarf für derlei Vergnügen breit. Dies vor allem nach dem ersten Karnevalsfest, das auf dem Hofe Josef Hellkuhl in der Dorfbauernschaft gefeiert wurde. Wenn man „feiern“ sagt, dann bedeutete das: Keine Musik – Sperrstunde ab 21.00 Uhr! (bis 6.00 Uhr), Balkenbrand bzw. Selbstgebrannter Korn. In dieser Zeit waren auch Musikinstrumente Mangelware, die wenigen Vorhandenen hielten die Bürger noch gut versteckt aus Angst vor plündernden Polen und Russen. Als dann Franz Saphörster aus Senden als Frisörgehilfe im Salon Forstmann (Stegt) anfing, wurde mit einem Schlag das Bedürfnis für Musik geweckt: nach Feierabend spielte er auf seiner Knopfgriff-Harmonika. Bald gesellten sich Musikliebende dazu: Alfons Nienhaus (Akkordeon), Tom Mehring (Geige, Akkordeon) und Heinz Schwabe (Akkordeon und Teufelsgeige). Die Teufelsgeige war von Tom Mehring gebaut worden und diente als Ersatz für die Trommel, sie steht heute noch im Hause Mehring. Diese muntere Truppe traf sich regelmäßig zu Übungsabenden im Frisörsalon und fand besondere Gunst beim späteren Frisörmeister Josef Stegt.

Der erste große Auftritt dieser Band, die nicht nach Noten spielte, war auf dem von der Militärbehörde genehmigten Karnevalsfest in der Bäuerlichen Bezugs- und Absatzgenossenschaft Seppenrade. Es folgten sonntägliche Tanzveranstaltungen im Haus Kock, auf Bauerndeelen und Hochzeiten. Als Entgelt hielten die Musikanten Mangelwaren: Zigaretten, Tabak, Getränke. In der kleinen Band, die sich „Dorfschwalben“ nannte, gesellten sich später Heinrich Dieninghoff (Pauke), Anette Hellkuhl (Klavier) und Georg Schulte-Fischedick (Geige). Anfang 1947 verließen die ersten Mitglieder die Gruppe aus beruflichen Gründen: Franz Saphörster ging zurück nach Senden, Heinz Schwabe zog ins Ruhrgebiet und Tom Mehring musste sich auf das Abitur vorbereiten. Wenige Wochen später löste sich die Band „Dorfschwalben“ auf.